PSNV – die Basics!

Auch wenn sich in den letzten Jahren das Thema – und vor allem der Umgang mit dem Thema – Psychosoziale Notfallversorgung (PSNV) innerhalb der Einsatzdienste stark gewandelt hat, so wird es dennoch noch nicht ganz vorurteilsfrei betrachtet.

Aus vielen Untersuchungen wissen wir aber, dass eine Posttraumatischen Belastungsstörung (PTBS) bei Einsatzkräften häufiger vorkommt als bei der restlichen Bevölkerung (Berger et. al., 2012). Sie bleibt aber alles in allem eher selten. Allerdings gibt es auch Reaktionen, die auftreten können und noch nicht das Vollbild einer PTBS ausmachen. Dies scheinen häufiger aufzutreten.

Da wir als Führungskräfte sowohl für die Gesundheit unserer Einsatzkräfte als auch von uns selbst verantwortlich sind, ist es unabdingbar über gewisse Grundkenntnisse der PSNV zu verfügen. In diesem Beitrag wollen wir euch zeigen was passieren kann und was man grundlegend wissen sollte.

Neben dem Einsatz selbst beeinflussen auch die ganz persönlichen Umstände eines jeden das Auftreten einer Reaktion. Die eigene Ausgangslage wird von

  • meinem Ausbildungsstand (fühle ich mich sicher und bin den Anforderungen des Einsatzes gewachsen), 
  • meinem aktuellen Befinden (bin ich ausgeruht, habe ich privaten Stress),
  • und weiteren Zuständen, die auf die eigene Widerstandsfähigkeit einwirken

beeinflusst.

Zu dieser eigenen Ausgangssituation hinzu kommt der Einsatz. Als Beispiel werden hier besonders erschütternde Einsätze genannt wie der Tod von Kindern, eigenen Bekannten oder gar anderen Einsatzkräften. Es sind allerdings auch andere Szenarien denkbar, die teilweise subjektiv nicht als besonders belastend imponieren. Grundsätzlich stellen die meisten Einsätze per se mal eine nicht-alltäglich Situation dar.

Ein ganz zentraler Punkt im Verständnis der Reaktionen innerhalb der PSNV ist, dass diese nicht auftreten müssen, aber können.

Dieses Verständnis muss in zweierlei Richtung geschaffen werden:

Zum einen kann ein Einsatz von außen dramatisch und belastend wirken, die Einsatzkräfte entwickeln jedoch keinerlei bemerkenswerte Reaktionen.

Auf der anderen Seite kann eine solche Reaktion jeden (ohne Ausnahme) treffen. Von der jungen unerfahrenen Einsatzkraft bis hin zum alten Hasen, den scheinbar nichts erschüttert.

Diese beiden Ausprägungen gilt es im Hinterkopf zu behalten, machen sie doch den Umgang mit der Thematik nicht weniger diffizil.

Man unterscheidet die Reaktionen von Einsatzkräften in drei Situationen:

  • akute Belastungsreaktion (teils auch akuter Stress genannt)
  • akute Belastungsstörung
  • Posttraumatischen Belastungsstörung

Diese Situationen können ineinander übergehen, allerdings genauso gut isoliert auftreten. Wichtig für das Verständnis ist die zeitliche Dauer:

  • Die akute Belastungsreaktion tritt relativ direkt nach dem erlebten Ereignis (in unserem Fall dem Einsatz) auf und hält wenige Stunden bis Tage an – als Faustregel kann man sich bis zu 48 h nach dem Ereignis merken.
  • Die akute Belastungsstörung kann direkt nach dem Ereignis jedoch auch etwas verzögert auftreten und hält bis zu vier Wochen an.
  • Die Posttraumatischen Belastungsstörung, die schwerste Form, hält deutlich länger als vier Wochen an.

Die genannten Zeitspannen stellen grobe Orientierungen dar. Gewiss kann man nicht für jeden verallgemeinernd diese Grenzen immer exakt minutengenau setzen.

Einige Symptome treten bei allen drei Formen auf, hierzu gehören:

  • Erschöpfung
  • Schlafstörung
  • Konzentrationsprobleme

Weitaus schwerwiegendere Symptome und meist erst bei der PTBS zu beobachten sind (hier nur einige beispielhaft genannt):

  • das Wiedererleben der belastenden Situation (z.B. Flashbacks),
  • das Vermeiden gewisser Orte und Situationen
  • Stimmungsschwankungen

Für uns als Einsatzkräfte (und zwar von der untersten bis zur höchsten Ebene) dürfte die akute Belastungsreaktion die häufigste anzutreffende Reaktion sein. Wer kennt es nicht, dass er nach einem für einen selbst beeindruckenden Einsatz schwer einschlafen kann oder sich erschöpft fühlt. Was hier als akute Belastungsreaktion benannt ist stellt eine normale Reaktion auf solch nicht-alltägliche Einsätze dar. Man sollte diese registrieren aber mit Nichten einen Krankheitswert beimessen. Wir dürfen eine solche normale Reaktion zeigen. Hilfreich sind hier oft der Kontakt zu engen Vertrauten, ob aus der eigenen Einsatzorganisation, Freunde/innen oder auch der LebenspartnerIn. Auch Hobbys oder eine andere für jeden selbst individuelle Art Abstand zu gewinnen können nützlich sein.

Auch die akute Belastungsstörung stellt, auch wenn der Begriff Störung etwas anderes vermuten lässt, erstmal noch keine Erkrankung dar. Es gilt jedoch ein Augenmerk darauf zu haben wie sich diese Reaktion entwickelt und ob es in erster Linie an Hand der Dauer einen Übergang in eine PTBS gibt. Oftmals ist für die Betroffenen – neben zuvor genannten Aspekten – eine externe Unterstützung z.B. durch PSNV-E-Kräfte in dieser Zeit hilfreich.

Die PTBS bedarf in aller Regel die Unterstützung von Psychotherapeuten/innen.

Zusammenfassend sollten wir über die PSNV in unseren eigenen Reihen wissen, dass entsprechende Reaktionen weder ungewöhnlich sind noch Zeichen von Schwäche oder gar einer psychischen Erkrankung. Jeder kann davon betroffen sein und es gilt die Reaktion entsprechend der oben genannten Einteilung einzuordnen. Ebenso ist es aber auch möglich, dass Einsatzkräfte auch auf sehr belastende Einsätze mit keiner dieser Reaktionen reagieren.

Wie wir speziell als Führungskräfte mit dem Thema PSNV umgehen müssen und was es zu beachten gilt, erörtern wir demnächst in einem separaten und praxisnahen Leitfaden für euch.

Quellen:

  • Berger W, Coutinho ES, Figueira I, Marques-Portella C, Luz MP, Neylan TC, Marmar CR, Mendlowicz MV. Rescuers at risk: a systematic review and meta-regression analysis of the worldwide current prevalence and correlates of PTSD in rescue workers. Soc Psychiatry Psychiatr Epidemiol. 2012 Jun ;
  • Leitfaden Psychosoziale Notfallversorgung für Einsatzkräfte – DGUV Information 205-038 ;
  • Schulungsmaterial der Landeszentralstelle PSNV Bayern